Hochland Highlights und Kampf mit der Höhe

Kein Diesel in Bolivien

 

Wir verlassen Sucre und fahren noch tiefer hinunter nach Cochabamba. Bald wird die erste Mautstelle angekündigt, was mir die Gelegenheit gibt, kurz das Thema Maut in Bolivien (und später auch in Peru) abzuhandeln:

 

Mautstellen

Grundsätzlich ist es so, dass sich ausserhalb der Städte der Verkehr rasch sehr stark verdünnt. Gut für die Mautstellen, denn eine Schranke genügt, um das Geld einzuziehen, ohne dass es zu einem Stau kommt. Die Autos kommen einzeln im Minutentakt. Da man hier gezwungenermassen verlangsamen muss, stehen auch immer «Verkaufsfrauen» da (man nennt sie auch «vendedores ambulantes»), die allerlei Esswaren anbieten, die dem Reisenden gelegen sein könnten. Bezahlen, Ticket entgegennehmen, Schranke hoch und weiter geht’s. Nun ist es aber so, dass man in Bolivien (nicht in Peru) das Ticket auf jeden Fall aufbewahren soll. Denn an der nächsten Mautstelle kann man es vorzeigen und muss dann eventuell nicht bezahlen oder dann eben doch. Wie das genau vor sich geht, finden wir nicht raus, freuen uns jedoch immer, wenn wir den üblichen Franken pro Schrankendurchfahrt nicht bezahlen müssen.

 

Spezialität in Peru: Abgefackelte Mautstellen. Wir staunen nicht schlecht, als in Peru unsere erste Mautstelle angekündigt wird und wir dann beim Näherkommen feststellen, dass die Schranke fehlt und alle Gebäude übelst zerstört sind. Meist abgebrannt. Dann fällt uns auf, dass in einem solchen Fall ein weiteres Schild ankündigt: «Ruta libre» - freie Fahrt. Wir vermuten, dass dies das Werk von indigenen Gruppen ist, welche vor knapp einem Jahr frustriert waren, weil der von ihnen gewählte Präsident ins Gefängnis gesetzt wurde. Der Präsident im Gefängnis spart uns also ein paar Franken Maut.

 

Aber eigentlich wollen wir über das Dieselthema schreiben: Jeder Reisende, der mit dem Auto und speziell mit einem Diesel unterwegs ist, kennt dieses Problem in Bolivien: Entweder wird das Tanken dem Touristen schlicht verweigert oder man kriegt nur eine begrenzte Menge, was auch nicht sehr hilfreich ist, bei den Distanzen, die wir zurücklegen. Zusätzlich muss man wissen, dass die Bolivianer pro Liter 3 Bolivianos (BOL, 37 Rappen) bezahlen und die «Ausländer» (auch Argentinier, Chilenen usw.) offiziell 8.8 BOL (1.09 Franken). Das ist immernoch sehr günstig. Es gibt aber noch den «goldenen Mittelweg». Der geht so: Bevor wir auf den Salar de Uyuni fahren, wollen wir noch tanken: der Tankwart sagt spontan, ob 6 BOL ok sei. Einen Sekundenbruchteil sind wir verdutzt, bleiben aber cool und sagen: Natürlich, bitte ganz füllen. Quittung gibt es natürlich keine und so wird es zur Win Win Sache zwischen dem Tankwart und uns. Wenn man bedenkt, wie tief die Löhne in Bolivien sind, freut sich der Tankwart natürlich immer, wenn er mit einem Touristen einen solchen Deal machen kann. Ein zweites Mal müssen wir zwischen Sucre und Cochabamba tanken und dieses Mal macht die junge Tankwartin das Angebot auch wieder sofort spontan: 5 BOL. Ohne zu zögern, lassen wir füllen.

Wichtig ist aber zu wissen, dass man solche Deals eher in kleinen Städten und Dörfern machen kann, weil da keine Kameraüberwachung und oft auch kein elektronisches Abrechnungssystem installiert ist. Wir haben von Reisenden gehört, die im Raum der grossen Städte (Cochabamba ist bekannt dafür) keinen Diesel erhalten haben. Es bleibt undurchsichtig.

Am Tag unserer Abreise aus Cochabamba aber stauen sich sogar die bolivianischen Lastwagen kilometerlang an den reichlich vorhandenen Tankstellen und warten auf Diesel. Warum es überhaupt keinen Diesel gibt, kann oder will uns niemand sagen. Eine Hypothese dazu verrät uns ein Taxifahrer in La Paz: da die LKW-Fahrer oft jenseits der Grenze von ihrem billigen Diesel weiterverkauft haben, gäbe es nun als «Rache» keinen mehr. Zum Glück haben wir eine grosse Tankkapazität, so dass für uns ein drittes Mal Tanken in Bolivien nicht nötig ist, bis sich das Problem mit dem Grenzübertritt nach Peru von selbst löst. Um möglichst auf der sicheren Seite zu sein, sind unsere zwei Zusatzkanister in Bolivien immer voll, was uns die Möglichkeit gibt, im schlimmsten Fall auf rund 300km noch eine Tankstelle zu finden, die Diesel hat und auch an Touristen verkauft. (Wir würden auch 8.8 BOL zahlen…)

 

 

Laguna Camping – Offroad Tag

 

Cochabamba ist wirklich nichts Erbauliches, ausser dass hier auf einem Hügel offenbar die grösste Christus-Statue Südamerikas steht. Zum x-ten Mal ein »Christo Redentor». Cochabamba und seine Vorstädte füllen die ganze Länge und Breite des verfügbaren Raums des Talbodens aus. Ein Moloch.

 

Eine Spezialität ist aber sicher der etwas ausserhalb des Stadtzentrums gelegene Campingplatz «Laguna Camping». Vater und Sohn (Javier, unser Gastgeber) sind Architekten und haben hier eine sehr spezielle Anlage geschaffen, die sie auch als Campingplatz zur Verfügung stellen. Die Hotelzimmer sind wie eine Höhle gestaltet und zu 80 Prozent unter Wasser liegend, so dass man wie in einem Aquarium vom Bett aus den Fischen im grossen Teich zuschauen kann. Ihre Häuser sind am ehesten mit den in der Schweiz bekannten «Erdhäusern» zu vergleichen. Rund, keine Ecken oder klaren Kanten.

 

Da wir wenig interessiert sind ins Stadtzentrum zu fahren, schlägt uns Javier vor, einen Tagesausflug zur Laguna Mal Paso, in die Höhen über Cochabamba zu machen, da wir ja ein geeignetes Auto hätten.  Gute Idee und bald haben wir den Weitblick über 1500 Meter über dem Talboden, kommen vorbei an indigenen Bergbauern, die bis 4000m noch ihre Felder pflegen und der Forellenzucht auf 4200m. Eine schöne Abwechslung, dieser Tag auf einer schmalen und steilen Schotterstrasse. Wir glauben, auch der Toyota geniesst es, wieder einmal artgerecht unterwegs zu sein.

 

 

EXKURS: Der Tourist als Verkehrshindernis

 

Hier eine Episode, wie es so läuft im Stadtverkehr in Bolivien: Bald haben wir festgestellt, dass ein Rotlicht nicht immer bedeutet, dass auch der Verkehr stillsteht.

 

Dann stehen wir aber an einer Ampel, die noch für 32 Sekunden auf ROT steht (in vielen Ländern Südamerikas zählt eine Sekundenuhr rückwärts, bis die nächste ROT/GRÜN Phase kommt.) Es kommt aber von links kein Verkehr mehr. Da fahren die Bolivianer links und rechts von uns (offiziell wäre zweispurig) einfach los. Theres zu mir: "Fahr LOOOS, du bist ein Verkehrshindernis!" Stimmt. Ich fahre los bei noch 30 Sekunden ROT.

La Paz und die Fahrt dorthin

 

Unsere Fahrt weiter nach La Paz führt über die Hauptverbindungsstrasse der beiden Städte. Somit ist klar, dass wir es mit vielen Lastwagen zu tun haben. Übrigens: an der Anzahl der Lastwagen auf den Strassen kann man nicht ableiten, welcher Wochentag gerade ist. Denn die fahren 7 Tage die Woche 24 Stunden am Tag.

Da die Strecke über einen Gebirgszug führt, geht es zu Beginn mal lange und zum Teil recht steil bergauf. Dies wiederum bedeutet: Lastwagen überholen, bergauf auf einer Höhe von bald über 3000 später 4000 und am Schluss gerade 5000m. Also in der Schweiz überholen wir ja kaum mehr mal ein Auto; ausser auf der Autobahn. Aber hier ist Überholen an der «Minutenordnung» und wir müssen es fast wieder etwas neu lernen. Insbesondere das Einschätzen der Motorleistung bezüglich der Höhe, die Geschwindigkeit des zu überholenden Fahrzeugs (viele kriechen mit unter 20kmh bergauf) und auch des entgegenkommenden Verkehrs (manche kriechen im ersten Gang mit 20kmh bergab, andere lassen es krachen). Kommt dazu, dass wir fast jedes Mal einen Atemstillstand haben, wenn wir Bolivianer beim Überholen beobachten: Ohne den entgegenkommenden Verkehr zu beobachten oder zu sehen, einfach mal drauflos. Irgendwie geht’s aber immer.

La Paz liegt in einem riesigen Talkessel. Als wir an der Abbruchkante (4000müM) ankommen, breitet sich die Stadt tief unten vor uns aus. Also runter ins Getümmel.

Klarer Höhepunkt unseres Stadtbesuchs ist die rund eineinhalbstündige Fahrt mit dem Gondelbahnsystem (österreichisch/schweizerische Co-Produktion) auf dem sogenannten Circuito. Eine Stadtrundfahrt über die Dächer von La Paz. Einfach herrlich und einzigartig weltweit. Aus den Gondeln bieten sich ungewohnte und teilweise indiskrete Blicke in die Innenhöfe. Und was auch sofort auffällt: tiefe Ticket Preise und hohe Sauberkeit in den Stationen und Gondeln!

Später besuchen wir den sogenannten «Hexenmarkt». Uns scheint es eher ein Touristenmarkt zu sein. Natürlich könnte man da ein paar schräge oder vielleicht geistheilende Dinge (Lamaföten…) kaufen, aber wir haben keinen Bedarf.

Somit ist unser Appetit auf La Paz schon gestillt und wir wollen am Sonntagmorgen bei wenig Verkehr aus der Stadt fahren. Das gelingt nicht ganz, denn in El Alto (die Millionenstadt oben an der Abbruchkante; früher ein Vorort von La Paz) ist am Sonntag Markt. Und nicht irgendein Markt, sondern offenbar der grösste Südamerikas. Und das bedeutet Verkehr. So befinden wir uns bald wieder in einem Fight um Zentimeter mit den Bolivianern, denn die kennen das «Reissverschlusssystem» nicht. Vortritt lassen ist Fehlanzeige. Mit Verzögerung schaffen wir es aus der Stadt, um der Ausgrabungsstätte Tiawanaku einen Besuch abzustatten.

Tiawanaku

 

Tiawanaku ist eine Ausgrabungsstätte zwischen La Paz und dem Titicacasee. Die Tiawanaku Kultur ist eine Vor-Inka Kultur, die auch schon in der Lage war, Steine passgenau und mit minimalem Spaltmass zu erstellen und zu verbauen. Eindrücklich auch der Eintrittspreis. (Ausländer/Touristen zahlen immer das x-fache, das ein Bolivianer zahlen muss für den Eintritt.) Bisher sind hier erst etwa 10 Prozent der vermuteten Stadt ausgegraben.

Copacabana – Titicacasee

 

Um nach Copacabana am Titicacasee zu kommen, suchen wir eine Abkürzung. Die ist eine Schotterstrasse, was uns ja eigentlich nichts ausmacht. Nur wenn es eine schlechte ist, finden wir es mittlerweile mühsam. Mit Geduld und Gelassenheit überwinden wir diese rund 40 Kilometer durch die breite, landwirtschaftlich genutzte Ebene zwischen den darüber ragenden Bergspitzen in mehr als einer Stunde und treffen dann – grosse Überraschung – auf eine hervorragend ausgebaute 4-spurige Strasse nach Copacabana. Wir können es uns nur so erklären, dass der Titicacasee ein Naherholungs- oder ein Ferienort für La Paz/El Alto ist. Aber vielleicht gibt es auch andere Gründe, warum hier so viel Geld verbaut wurde.

Um Copacabana zu erreichen, müssen wir an der bekannten See-Enge den Toyota auf eine urtümliche Fähre verladen: eigentlich eine Holzplattform, die von zwei kleinen Aussenbordmotoren angetrieben wird und uns gemächlich in 15 Minuten übers Wasser schiebt. Die Schiffer-Lobby hat sich bisher erfolgreich gegen den Bau einer Brücke gewehrt. So müssen alle dieses Angebot annehmen. Vom PKW bis zu Bussen und LKWs.

Copacabana ist ein Touristenort mit den entsprechenden Angeboten. Eines davon ist die Bootsfahrt zur Isla del Sol, wo angeblich das Inkareich gegründet wurde. Da wurde von den Göttern der erste Inka in die Welt gesetzt. Wir nehmen uns einen entsprechenden Besuch vor.

Auf dem Campingplatz unmittelbar am Seeufer geht es dann weiter mit dem Treffen von Reisenden, die wir schon früher angetroffen haben. Dieses Mal sind es Ole und Uta, die wir, wie Uta im Tagesbuch nachlesen kann, am 23. Dezember letztes Jahr in Patagonien (NP Los Alerces) auf dem Campingplatz getroffen haben.

Der Titicacasee ist fantastisch, kalt und verschmutzt. Wir sehen niemanden baden. Er liegt auf rund 3815müM und ihm fehlen seit einiger Zeit rund 2.4 Meter. Welche Menge da fehlt auf eine Fläche von rund 15x dem Bodensee, kann jeder selbst abschätzen. Tendenz weiter rückläufig, da – vermutlich wegen des Klimawandels – der Regen ausfiel oder zu knapp war. Was dies für die Bevölkerung bedeutet, die daraus Trinkwasser bezieht, bleibt abzuwarten.

Flucht nach Tacna über hohe Berge

 

Obwohl wir nun schon mehrmals längere Zeit auf solcher Höhe waren, macht sie uns hier am See zunehmend zu schaffen. Theres schüttet einen richtigen Medi Cocktail rein in der Hoffnung, dass sich die Symptome verziehen. Aber es hilft nichts. So müssen wir die Fahrt zur Inkainsel fallen lassen, ziehen die Reissleine und beschliessen, sofort in tiefere Lagen zu fahren, um uns zu erholen.

Das geht aber nur mit einer Fahrt an die Pazifikküste nach Tacna. Doch zuerst müssen wir die Grenze zu Peru überqueren, was am kleinen Grenzübergang hinter Copacabana mit freundlichen und hilfsbereiten Grenzern einfach und rasch geht.

Die Fahrt nach Tacna führt zuerst noch hoch auf über 4500m. Wir treffen wieder auf beeindruckend farbige Landschaften und am Schluss auf eine fast nicht enden wollende Abfahrt in das auf nur noch 550müM liegende Tacna; einer staubigen Stadt in einem Trockental, südlich und nördlich von vegetationslosen Bergzügen begrenzt. Hier wollen wir uns mindestens eine Nacht in einem Hotel  erholen und dann weiterschauen. Hauptkriterium für die Hotelwahl ist die Einfahrtshöhe in die bewachte Garage, damit der Toyota reinpasst. Zum Glück landen wir per Booking einen Volltreffer auf Anhieb, geniessen ein Pollo mit Pommes und schlafen endlich mal wieder tief und gut.

 

 

Korrupter Polizist

 

In Bolivien haben unerwartete Polizeikontrollen im Vergleich zu Argentinien und Chile klar abgenommen. Nun ist es auf der Fahrt nach Tacna wieder so weit. Man fährt auf den Posten zu und ist gespannt, welche Handbewegung der Polizist wählt. Oft ist es STOPP, weil sie halt neugierig sind, was da für Touristen unterwegs sind. Und wenn dann noch die Frau fährt, wird es doppelt so interessant.

Zuerst macht der Polizist (ein zweiter steht daneben) auf lustig, deutet an, dass er Englisch spricht, kann es aber eigentlich nicht. Dann erklärt er uns, dass die Fensterverdunkelung in Peru eine Spezialbewilligung braucht und ansonsten verboten ist. Wir sagen ihm, dass dies möglich sei, wir aber ein ausländisches Fahrzeug hätten, für welches das nicht gilt. Natürlich will er auch Fahrausweis und Versicherungspolice sehen. Da fordert er mich (Tom) auf, ins Büro mitzukommen. Dort angekommen, tippt er mit den Ausweisen irgendwas auf dem Computer herum. Es sei alles gut, nur das mit der Verdunkelung… Für eine kleine «Unterstützung» könnte er das bewilligen. Ich sage ihm nochmals, dass wir ein ausländisches Fahrzeug mit einer temporären Einfuhr- und somit Fahrbewilligung haben und dass es deshalb keine zusätzliche Bewilligung braucht. Er meint: Aber ich könnte ihm ja trotzdem eine kleine «Aufmerksamkeit» geben. Ich sage NEIN und gehe aus dem Büro. Draussen beim Wegfahren ist alles wieder eitel lustig. Er wünscht uns gute Reise. Sein Kollege stand die ganze Zeit daneben und sagte nichts. Er hat sich wohl wie wir genervt.

 

 

Küstenwüstenfahrt

 

Nach unserem erholsamen Schlaf im Hotel in Tacna entscheiden wir uns für die Weiterfahrt nach Arequipa. Knapp 400km der Pazifikküste entlang und somit in der Küstenwüste Perus. Die Strasse ist gut ausgebaut und wir finden uns wieder in einer Polizeikontrolle, wo man länglich unsere Ausweise prüft und den Innenraum des Autos anschauen will. Vermutlich, weil Tacna eine Zollfreizone ist und auch der Grenzübergang zu Chile im Süden nicht weit. Schliesslich lässt man uns fahren und wir können einmal mehr den krassen Landschaftswechsel von farbigen Vulkanbergen in 4500m Höhe zu vegetationslosen Hügeln und Dünen der Küstenwüste geniessen. Später kommen wir in ein Bergbaugebiet, was bedeutet, dass wir wieder mit grossen Lastwagenkonvois konfrontiert werden.

Arequipa

 

Da wir noch etwas mehr Erholung brauchen können und der Stadtcampingplatz als Teil einer Hotelanlage an einer vielbefahrenen Strasse liegt, entscheiden wir uns nochmals für eine Hotelübernachtung. Unser Zimmer liegt zum Glück Richtung Garten im Hinterhof, so dass wir ruhige und erholsame Nächte verbringen können.

 

Jetzt aber zur Stadt Arequipa, angeblich die zweitgrösste Agglomeration Perus: Eine Stadt, die uns wirklich gefällt. Kolonial, natürlich auch touristisch, mit vielen schönen Bauten (Kirchen, Klöstern, etc.) Zwei Tage verbringen wir mit Stadtrundgängen und unter anderem dem Besuch des Museums mit dem Mumien Sensationsfund «Juanita», die auf einem Vulkankrater in rund 6000 Meter Höhe gefunden wurde. Ein Menschenopfer, wie sie bei den Inkas üblich war. Um genau zu sein handelt es sich nicht um eine Mumie, sondern um einen gefrorenen Körper. Danach wurden auf verschiedenen Vulkanen in der Region weitere Kinder und Jugendliche gefunden, die in gleicher Weise geopfert worden sind. Im Museum wird Juanita in einem Kühlkasten bei immer mindestens minus 20 Grad Celsius ausgestellt. Daneben haben wir bei der Führung sehr viel über die Inkas und ihre Kultur erfahren.

 

In Arequipa ist es auch höchste Zeit, noch ausstehende Unterhaltsarbeiten am Toyota zu machen. Toyota Peru betreibt hier eine Grossgarage mit 14 Hebebühnen. Ohne Termin wird unser Toyota als «Express» behandelt und nach zwei Stunden im Warteraum der Garage ist alles erledigt und kostet bescheidene 25 Franken.

Cañon de Colca – Condore

 

Wir verlassen Arequipa in Richtung Colca Canyon, was bedeutet, dass unser Schlafplatz wieder über 3000müM sein wird für die nächsten Tage. Wir fühlen uns aber so weit erholt, dass wir es angehen. Der Colca Canyon, je nach Messart tiefer als der Grand Canyon in den USA, ist für zwei Dinge bekannt: Einerseits für die Terrassierung der Hänge, die auf die Inkas zurückgeht und noch heute genauso genutzt wird wie vor rund 500 Jahren. Und andererseits für den Flug der Kondore am Beobachtungspunkt «Cruz del Condor». Ein Höhepunkt für die Beobachtung dieser Riesenvögel, die hier die Thermik des über tausend Meter tiefen Canyons nutzen und so nahe an den Zuschauern vorbeisegeln, dass ein Teleobjektiv für ein gutes Fotos überflüssig ist.

Den ersten Nachmitttag verbringen wir aber im Canyon bei einem Bad in einer Thermalquelle und schlafen dann auf deren Parkplatz, mangels besserer Möglichkeiten.

 

Am nächsten Morgen sind wir dann die ersten beim Cruz del Condor, müssen den Beobachtungspunkt aber bald mit hunderten Touristen, die von Arequipa in Bussen hierhergekommen sind, teilen. Trotzdem gelingen Theres ein paar sensationelle Fotos von vorbeifliegenden Kondoren.

 

Nach einer zweiten Nacht am Rande des Canyons brechen wir auf, um wieder zum Titicacasee zu gelangen. Wir sind wieder bereit für noch etwas mehr Altiplano.

Puno - Schilfinseln der Uros

 

Die Fahrt nach Puno ist mühsam. Wir befinden uns in einer Bergbauzone, was bedeutet, dass uns Konvois mit bis zu 20 Lastwagen entgegenkommen oder wir solche mühsam überholen müssen. Dazu noch der übliche Lastwagenverkehr.

In Puno gibt es eine Möglichkeit, im Hinterhof eines relativ zentral gelegenen Hotels zu stehen und Dusche/Bad eines Hotelzimmers zu nutzen. Als wir dort ankommen sagt man uns aber, dass gerade Bauarbeiten im Gang sind und man darum diese Woche nicht campieren könne. Das stellt sich für uns als Glücksfall heraus:

Uns bleibt nichts anderes übrig, als nach Norden zu fahren zur Hacienda Chinchero, die auch eine Wiese zum Campieren anbietet. Dort treffen wir wieder Bea und Jürg, die wir letztmals in Sucre getroffen haben. Zusammen wollen wir den Ausflug zu den Uros, den Bewohnern der Schilfinseln auf dem Titicacasee vor Puno machen.

 

Auf der Hacienda gibt es eine Vorführung für andere Touristen: Ein spezieller peruanischer Tanz: Mann auf dem Pferd und Frau am Boden. Ganz ungewöhnlich, aber sehr beeindruckend. Der Reiter (18 Jahre alt) hat das im Blut, beziehungsweise macht das schon seit er ein Kind war. Er hat mehrmals den Preis für den besten peruanischen Reiter gewonnen. Eindrücklich.

Als wir wieder allein sind auf der Hacienda, kocht Sese, der Dueno, für uns vier ein vorzügliches Nachtessen. Schön, einmal nicht selbst kochen zu müssen.

 

Am nächsten Morgen holt uns das Taxi ab und bringt uns zum Bootssteg, wo man zu den Uros rausfährt. Weil man(n) als Taxifahrer auch seine Beziehungen spielen lässt, ruft er seinen Uro Freund an, er hätte da noch ein paar Touristen und der schickt seine Frau mit dem Boot, um uns abzuholen. Letztlich zahlen wir etwas mehr als die «Massentouristen», sind aber dafür individuell als Kleingruppe unterwegs.

Draussen bei den Inseln (ca. 20min langsame Bootsfahrt) erklärt und zeigt man uns, wie die Inseln gebaut sind und wie die Menschen mit bis zu zehn Familien pro Insel darauf zusammenleben. Dann geht es darum, dass sie uns ihre handwerklichen Produkte präsentieren und hoffen, dass wir ihnen das eine oder andere abkaufen. Eine Bootsfahrt den Inseln entlang (man fühlt sich fast wie auf dem Canale Grande von Venedig) rundet den Besuch ab.

Cuzco

 

Viele sagen, dass die Fahrt mit Zug oder Auto von Puno nach Cuzco auf dem Altiplano etwas vom landschaftlich schönsten sei, das man in Peru machen kann. Dem können wir zustimmen mit der Ergänzung, dass man sich erst einmal durch die chaotische Stadt Juliaca kämpfen muss. Es gibt da keine Umfahrungsstrasse. Mittlerweile haben wir unseren Fahrstil nach der Lernphase in Bolivien an den peruanischen angepasst. Das Wichtigste: Im Zweifelsfalle hupen. Und Zweifelsfälle gibt es viele im südamerikanischen Stadtverkehr. Aber wir Europäer wissen ja oft gar nicht mehr, dass unser Auto eine Hupe hat. Nun also frisch drauflos gehupt, was hier eben bedeutet: «Achtung, ich fahre», oder «Geh weg». Trotzdem braucht es maximale Konzentration.

 

Wie angedeutet, die Landschaft ist traumhaft. Zuerst karges Hochland, dann über einen Pass in ein Tal, das immer grüner wird, je tiefer man kommt. Und dann Cuzco, die ehemalige Hauptstadt der Inkas, die im Talkessel liegt.

 

Cuzco ist eine sehr touristische Stadt, weil es der Ausgangspunkt für den Besuch von Machu Picchu ist. Wir schlendern am ersten Tag durch die Stadt und besuchen vor allem die Stätten an denen man sehen kann, wie die Spanier die Grundmauern der Inkas verwendet haben, um ihre eigenen Kirchen und Klöster darauf zu bauen. Dabei kann man noch immer bestaunen, wie präzise die Inkas die Steinblöcke zusammenfügen konnten. Sehr beeindruckend.

Machu Picchu

 

Man hört ja, dass man Tickets für Machu Picchu (MP) bis zu drei Monate im Voraus kaufen muss in der Hochsaison. Nun ist Nebensaison, was bedeutet, dass es beim Besuch häufiger regnen kann. Dafür ist es uns gelungen, eine für uns passende Reise für MP zusammenzustellen. Wir haben uns dafür eineinhalb Stunden am PC sitzend und im Internet recherchierend die Haare gerauft, denn es müssen MP Eintritt und Zugfahrt dorthin sowie ein Busticket, um hinaufzufahren koordiniert werden. Dazu kommt in unserem Fall eine Hotelübernachtung, um nicht den Stress eines Eintagesbesuchs zu haben.

 

Wir fahren also mit dem Auto nach Ollantaytambo und stellen es dort auf einen bewachten Parkplatz, auf welchem wir bei unserer Rückkehr auch übernachten könnten. Am Nachmittag reisen wir per Zug von PeruRail nach Machu Picchu Village (früher «Aguas Calientes») weiter. Dieses Städtchen besteht nur aus Hotels und Restaurants und ist Ausgangspunkt, um den Bus nach MP zunehmen. Wir beziehen unser Hotelzimmer.

Von Reisenden, die wir auf dem Campingplatz Cuzco kennengelernt haben, haben wir die Empfehlung für Freddy, einem Touristenführer für MP. Wir entscheiden uns ebenfalls für die Dienste von Freddy und so steht er kurz vor sechs Uhr morgens in der Hotellobby, um uns abzuholen. Mit ihm erreichen wir den Sammelplatz für den Bustransport. Alles ist gut organisiert, um die Menschenmassen (zurzeit pro Tag 3200 Eintritte) geordnet über den «Parcours» zu bringen. Pünktlich um sieben Uhr und wie auf dem Ticket vermerkt sind wir am Eingangstor für die «gelbe» Tour, die auch die Besteigung des Wayna Picchu (das ist der Berg, den man auf dem klassischen MP Bild im Hintergrund sieht) einschliesst. Auch für diesen Berg ist die «Eintrittszeit» zum Pfad zeitlich vorgegeben und pro Tag dürfen nur 400 Personen dort rauf.

Nun sind wir also da und in den folgenden zwei Stunden führt uns Freddy auf Englisch über den gelben Pfad durch die beeindruckende Anlage. Wir erhalten viele Informationen zu den Inka, ihre Lebensweise, ihre soziale Ordnung usw.

Anfangs liegt die Stadt noch im Morgennebel, was perfekt zur Mystik dieses Ortes passt. Bald verziehen sich die Nebelschwaden und geben auch den Blick auf die Landschaft mit ihren steilen, grünen Abhängen frei.

Nach zwei Stunden bringt uns Freddy zum Eingang für den Aufstieg auf den Wayna Picchu. Wir schreiben uns ein und los geht’s. Tom hat präventiv Ibuprofen geschluckt, damit die Hüfte die steilen Treppenstufen sowohl bergauf wie bergab schlucken kann. Und steil ist wirklich das Schlüsselwort: Eigentlich ist es ein Treppensteigen für die nächste gute Stunde. Aber die Stufen sind oft überhöht und man muss sich richtig raufdrücken. An besonders steilen oder exponierten Stellen sind Stahlseile angebracht, an denen man sich halten oder hochziehen kann. Wir kommen tüchtig ins Schnaufen, müssen aber unbescheiden feststellen, dass wir erstens zu den älteren Semestern zählen, die diese Besteigung machen und zweitens durchaus mithalten können. Trotzdem braucht es immerwieder kurze Pausen. Letztlich lohnt sich der »Krampf» aber, denn auf dem Gipfel haben die Inkas auch Gebäude errichtet (Was für einen Aufwand mussten sie dafür betreiben!) und die Sicht auf die nun recht weit unter uns liegende Stadt ist atemberaubend. So atemberaubend, dass natürlich auch die internationale Instagram Generation anwesend ist. Was beim «Instagram Felsen» zu einem Stau führt, weil die Posings in vollem Gange sind. Ich frage dann mal nach vorne, was eigentlich los sei. Fotos machen, kommt als Antwort zurück. Als ob es nur diesen einen Felsen gäbe, um ein schönes Bild zu machen. Wir melden an, dass wir nicht fotografieren wollen und können so den Stau passieren. Verrückt.

Natürlich machen wir weiter unten auch noch Erinnerungsbilder (so hiess das glaub früher mal). Siehe Fotos.

Der Abstieg geht in die Knochen. Immernoch sind Leute im Aufstieg. Fast unten angekommen erwischt uns noch für zehn Minuten ein Regenguss. Gut, haben wir noch für ein paar Franken «Billig-Plastik-Regenpellerinen» gekauft in Aguas Calientes. Aber das Wetter ist hier ja so, dass alles in wenigen Minuten wieder trocknet.

Als wir den letzten Teil unseres Rundganges in Angriff nehmen, ist die Anlage sehr viel stärker bevölkert als bei unserem Eintritt am Morgen. Nun beginnen uns die vielen Menschen zu stören, zumal sie noch in grösseren Reisegruppen unterwegs sind und die schmalen Durchgänge zwischen den Bauten verstopfen.

Wir erreichen nach rund viereinhalb Stunden in der Stadt den Ausgang. Nach kurzer Wartezeit bringt uns ein Pendelbus wieder nach Aguas Calientes zurück. Wir denken, dass uns jetzt ein gutes Mittagessen zusteht, und setzen uns in eines der unzähligen Restaurants mit einheitlichem Touristen-Menuangebot. Aufgelockert wird unser Mittagessen durch zwei Strassenmusikanten mit Panflöten, denen wir – ganz altmodisch – zwei CDs abkaufen mit moderner und traditioneller Panflötenmusik.

 

Später am Nachmittag geht’s per Zug zurück zu unserem Auto. Wir erreichen den Parkplatz bei Dunkelheit und entscheiden, nicht auf dem Parkplatz zu schlafen, sondern noch knapp zwanzig Kilometer nach Urubamba zu einer Eco Lodge zu fahren, welche auch Stellplätze anbietet. So erleben wir wiedereinmal die Navigation bei Nacht, was in einem solchen Land eine spezielle Herausforderung ist. Aber zusammen kriegen wir das ohne Stress hin und überfahren auch keinen der herumstreunenden Hunde. (Ein toter dieser Nacht liegt schon am Strassenrand.)

 

Am nächsten Tag durchfahren wir das «valle sagrado» (heiliges Tal der Inka) und erleben die Enttäuschung, dass man an den von uns ausgewählten archäologischen Stätten keinen separaten Eintritt kaufen kann, sondern ein «Paket-Ticket» für mehrere Stätten zusammen gekauft haben muss. Diese Information ist leider nicht zu uns durchgedrungen und wir verzichten. Die einzige Stätte, die im Besitz einer Kooperative ist, sind die Salzbecken von Maras.  Diese kann man mit einem Einzeleintritt besuchen. Seit Inkazeiten wird hier dank einer salzhaltigen Quelle, deren Wasser in Becken geleitet wird und dort zu Salz kristallisiert, Salz gewonnen.

 

Abends kehren wir auf den Campingplatz von Cuzco zurück, wo wir uns mit unseren Reisebekannten, die schon in MP gewesen sind und denjenigen, deren Besuch unmittelbar bevorsteht, austauschen. Machu Picchu war den Aufwand und die Kosten wert.

Nazca Linien - Flug

 

Nach einem Übernachtungsstopp erreichen wir Nazca, das für seine Geoglyphen berühmt ist. Wir kehren bei Enrique ein, der als Inhaber die Nazca Lodge führt. Das ist quasi ein privates Schwimmbad mit Wasserbar und Sonnenschirmen, welches auch ein paar Hotelzimmer, ein Restaurant und ein paar Stellplätze für Overlander anbietet. Passt gut für uns und wir bestellen nach dem Einchecken mal einen Pisco Sour. Dann testen wir zum Nachtessen das Restaurant, in dem Enriques Frau kocht und fragen nach einem Flug über die Nazca Linien. Enrique bietet auch hier ein Gesamtpaket an, organisiert den Flug für morgen und wird uns zuvor ein einstündiges Referat (er war früher Touristenführer) über die Hintergründe der Nazca Linien halten. Super.

Nach dem Referat holt uns ein Flughafen-Shuttle ab. Jeder muss am Flughafen auf die Waage stehen und der Pilot entscheidet dann über die Zuweisung der Sitzplätze. Wir fliegen in einer Cessna 207, 6-plätzig, so dass jeder Passagier einen Fensterplatz hat. Auf einem Plan wird uns gezeigt, welche Route wir fliegen und was wir somit sehen werden. Der Flug dauert dreissig Minuten und wird von einem kommentierenden Touristenführer begleitet, damit sich der Pilot aufs Fliegen konzentrieren kann. Und das geht so: Man fliegt eine Geoglyphe an und an ihr vorbei, danach erfolgt eine Steilkurve und auf dem «Rückweg» können dann auch die Passagiere auf der anderen Seite die Figur am Boden sehen und Fotos schiessen. Nun ist das mit der Steilkurve natürlich nicht jedermanns Sache, ausser man liebt Dinge wie den Europa Park Rust mit seinen Bahnen. Aus der Luft sind die Figuren und Linien perfekt erkennbar und zwischenhinein bleibt ein wenig Zeit, um den Horizont zu suchen, um den Gebrauch des Spucksacks abzuwenden. Bald schon geht es auf den Rückweg und wir sehen runter auf die Stadt Nazca. Als wir heil zurück sind, sind die meisten froh, dass dieser Ritt zu Ende ist.