Buenos Aires, Montevideo und der Kampf um das Auto

Wir sind jetzt eine Woche unterwegs und noch nicht einmal mit dem Toyota gefahren. Es ist schon beeindruckend, was wir in diesen ersten Tagen unserer Reise erleben.

 

 

Buenos Aires

 

Trotz der Mühsal des langen Nachtfluges sind wir noch so fit, dass wir nach der Busfahrt ins Zentrum unser Hotel per Fussmarsch erreichen und dabei schon am Präsidentenpalast (Casa Rosada) und der berühmten Plaza de Mayo vorbeikommen. Da sind gerade diverse Klein-Demos am Laufen. Worum es geht, wird uns nicht ganz klar.

 

Wir spüren es sofort. Wir sind nach 32 Jahren zurück in Südamerika und hier pulsiert das Leben in der Grossstadt. So erlauben wir uns nur eine kurze Pause nach dem Hotel Check-in, um dann wieder auf die Strasse zu gehen. Erste Erledigungen von Langzeitreisenden stehen an: Geld organisieren und eine lokale SIM Karte mit Datenpaket. Das klappt hervorragend mit Western Union und Claro, dem Mobilanbieter mit der besten Abdeckung in Argentinien.

 

Western Union

Wegen der massiven Inflation in Argentinien gibt es einen parallelen Dollarkurs, «Blue Dollar» genannt, der doppelt soviel wert ist wie der offizielle Bankenkurs, den man bekommt, wenn man mit der Karte Geld am ATM abhebt. Western Union bietet diesen Super-Wechselkurs offiziell an. Das kann man sich natürlich nicht entgehen lassen. Wir haben uns selbst so Geld überwiesen und eine erste Portion davon abgeholt (Pass und Transaktionscode vorzeigen). – So wird Argentinien für Touristen zu einem günstigen Land.

 

Weiter geht es mit einem Stadtspaziergang durch ein altes Quartier zur Plaza Dorrego, dem ersten Platz von Buenos Aires. Hier spielt ein Musiker Beatles Coverversionen und kündigt bald Tango Tänzer an. Wir setzen uns ins Strassencafé und bald darauf erscheint ein Paar und tanzt den Tango zu Musik aus der Lautsprecherbox. Hühnerhaut. Hervorragend. Einfach so, mitten im Nachmittag. Zum Schluss macht der Hut die Runde.

 

Wir sind glücklich mit unserem ersten Tag in Argentinien.

 

Am nächsten Morgen geht es auf die grosse Stadtwanderung. Dabei müssen wir die grosse Demo vor dem Gebäude der Gesundheitsbehörde queren, die schon fast nach Belagerung aussieht. Alles friedlich. Die Leute haben in Zelten geschlafen. Eine Frau verteilt WC-Papier. Dafür gibt es die bei uns bekannten Duschzelte. Thema der Demo: Unterstützung der sozial Schwachen unter dem Druck der extrem hohen Inflation.

 

Wir passieren das berühmte Theater Colon und die Wohnblöcke werden immer luxuriöser, ein Zeichen, dass wir in den Stadtteil Recoleta kommen, wo sich der berühmte Friedhof der Reichen und Berühmten befindet. Leider ist der Eintritt nicht mehr frei und wir bezahlen je 10 USD Eintritt (Natürlich in Pesos). Aber der Friedhof ist wirklich einmalig. Strahlt diese Morbidität aus. Einfach sich vorzustellen, wie nachts die Skelette aus den teilweise über hundertjährigen Gräbern um die Mausoleen huschen. Ob das für den Geist von Eva Peron (Evita: Don’t cry for me Argentina), die auch hier liegt, ebenfalls gilt, wissen wir nicht.

 

Dog Walker in Recoleta

Offenbar ist es eine gut bezahlte Tätigkeit in diesem vornehmen Stadtteil, die Hunde der Reichen auszuführen. Wir sehen Dog Walker, die mit bis zu vierzehn Hunden unterwegs sind.

 

Der Weg zurück führt uns über Retiro und den neuen Stadtteil Puerto Madero, der an den alten Hafenanlagen erbaut wurde, vorbei zu einem Feierabend-Kaffee mit Kuchen im «Pertutti». Während wir im Strassencafé sitzen, müssen wir fünf Bettler, die einzeln vorbeikommen, wegweisen. Ja, auch das gehört eindeutig zum Stadtbild in Südamerika und wir müssen uns wieder daran gewöhnen.

 

“Cambio! Cambio! Cambio! Dollares, Reales, Euro!” Das hören wir auf unserem letzten Stadtrundgang durch die Fussgängerzonen in der Innenstadt gewiss tausend Mal. Leider können wir nicht darauf eingehen; siehe Western Union. Aber wir glauben auch nicht, dass die Geldwechsler uns direkt ansprechen. Sie posaunen es einfach auf die Strasse hinaus, egal ob jemand vorbeigeht oder nicht. Aber dass sie jemandem Geld wechseln, können wir nicht beobachten.

 

Bald ist es Zeit, zu «Buquebus» aufzubrechen. Wir stapfen wieder mit unseren Rucksäcken durch Puerto Madero zum Terminal. Man sollte zwei Stunden vor Abfahrt dort sein. Wir sind aber ziemlich die einzigen. Pünktliche Schweizer halt…

So bleibt nach einem kurzen Check-in (wir haben ja nur Handgepäck) Zeit, in ein Café zu sitzen. Als wir dann eine Stunde später zurückkommen, sieht es schon anders aus. Wir müssen uns in eine «Fila» stellen, die zur Passkontrolle führen wird, wenn die dann die Schalter aufmachen. Das dauert, weil zuerst alle Passagiere der ankommenden Fähre einreisen müssen, bevor die Ausreise beginnt. Dafür können wir die Einreiseformalitäten für Uruguay gerade hier noch in Argentinien erledigen. Letztlich legen wir mit 30 Minuten Verspätung ab.

 

 Die Schnellfähre bringt uns in gut zweieinhalb Stunden nach Montevideo.

 

Buquebus «Fransisco» (benannt nach dem Papst)

Francisco ist ein 99m langer Katamaran mit Jet antrieben von 37'000PS. Die Höchstgeschwindigkeit ist 105kmh. Die Reisegeschwindigkeit rund 85kmh. Somit ist er der schnellste Katamaran der Welt. Übrigens gebaut in Tasmanien.

Wir nehmen uns einen Sitz ganz zu hinterst und bestaunen die ungeheure Macht, mit der die Jets das Wasser nach hinten schiessen und somit den Katamaran nach vorne. Das flache Wasser des Rio de la Plata lässt diese Geschwindigkeit zu. Eine Geschwindigkeit im Wasser, die wir noch nie erlebt haben. Eindrücklich.

 

 

Montevideo

 

Beim Eindunkeln angekommen, marschieren wir wieder mit unseren Säcken zum Hotel. Das Hotel Palacio ist ein altes Haus mit einem morbiden Charme. Preislich günstig und gut gelegen, um zum Hafen zu kommen, wo unser Container bald eintreffen wird.

 

Dieses Wochenende steht im Zeichen des «Dia del Patrimonio», wo Busse Gratisfahrten anbieten und die Bevölkerung eingeladen ist, Gebäude, die nicht für das grosse Publikum geöffnet sind (z.B. das höchste Gericht Uruguays) zu besichtigen. Dadurch hat es sehr viele Leute in der Innenstadt, die sich so bei bestem Wetter vergnügen. Vor einigen solchen Gebäuden entstehen lange Warteschlangen.

 

Für uns natürlich ideal hier auch mitzulaufen. Nach einem Spaziergang entlang des Meeres (Rambla) besichtigen wir das altehrwürdige aber sehr eindrucksvolle Teatro Solis und eine Ausstellung, die die Geschichte aller uruguayischen Präsidenten darstellt.

 

Montevideo, das fällt sofort auf, ist viel weniger mondän als Buenos Aires. Viel weniger moderne Hochhäuser, wenn überhaupt.

 

Das sehen wir auch am nächsten Tag, als wir zusammen mit unseren Container Partnern ein Taxi zum Cerro de Fortaleza nehmen; dem Hügel (Monte), der Montevideo den Namen gegeben haben soll. Auch hier viele Leute wegen des Dia del Patrimonio. Man kann das Fort besichtigen.

Schöner Blick über die Bucht mit dem Hafen zur Stadt, die fast «herzig» daherkommt im Vergleich zu Buenos Aires.

 

Montag: Nun ist das Containerschiff Cap San Marco angekündigt, welches unser Auto bringen soll. Wir gehen zum Hafen um zu schauen, ob man das Schiff einlaufen sieht. Nein, liegt noch vor Anker ca. 10 Seemeilen vor der Stadt. Wir gehen zur Hafenmole und plötzlich kommt das Schiff näher, passiert dann vor unseren Augen behäbig die Hafeneinfahrt. Schon eindrucksvoll, so ein 333 Meter langes Schiff mit tausenden von Containern drauf.

 

Von unserem Agenten haben wir erfahren, dass es offenbar in Rotterdam noch ein Zahlungsproblem gibt und wir daher das entscheidende Zolldokument (Bill of Lading) noch nicht haben. Über verschiedene Abklärungen, E-mails, Telefone ergibt sich, dass unser Verschiffungsagent offenbar seit einem Monat eine ausstehende Rechnung für unseren Container der Transportfirma in Holland nicht bezahlt hat. (Usus der Branche ist, dass man das bezahlt, wenn das Schiff mit dem Container den Hafen verlässt.) Er hat offensichtlich Liquiditätsprobleme.

So müssen wir auf irgendeine Art «Druck» aufbauen, dass er diese Zahlung schnellstmöglich macht. Denn die Lagerung des Containers im Hafen ist nur 48 Stunden kostenfrei; danach wird’s teuer. Und unsere Hotelkosten laufen auch immer höher.

Schliesslich am Abend gibt es Anzeichen, dass er sich jetzt intensivst darum kümmert und wir sind gespannt, was sich über Nacht ergibt.

 

Zwischen alldem noch eine Stadtwanderung; aber immer mit dem Handy in der Hand, um mit den verschiedenen Parteien und natürlich mit unseren Container Partnern das weitere Vorgehen bzw. den aktuellen Status besprechen zu können.

 

Mittwoch: Nun hat er anscheinend genügend Geld beisammen, um die Zahlung an die Transportfirma auslösen zu können, die dann per E-mail-Dokument sofort den Container freigeben kann. Dann dürfte es (hoffentlich) eine Sache von Stunden sein, den Container mit dem uruguayischen Zoll zu öffnen.

 

Fortsetzung folgt.

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